Samstag, 20. Oktober 2007

Die MCM-Plünderung durch die Sanierer (3.Akt)

Ein Trauerspiel in fünf Akten 3. Akt

Darsteller: Beat Frey, Dr. Josef Zeller, Ludwig M. Schneider, Axel Krieger, Dr. Wolfgang Weitnauer, Ingrid Kellerer, Peter Bachmann, Dr. Ernst Inderbitzin

Auftritt Beat Frey
Am 25. September 1997 hingegen ging bei dem Treuhänder Dr. Zeller um 8:10 Uhr ein Angebot der Schweizer Corisol Holding AG ein, die dem Investor Beat Frey gehört. Dieses Angebot war jedoch befristet bis zum 1. Oktober 1997 und mit einer Geheimhaltungspflicht gegenüber den Altgesellschaftern, also den Eheleuten Cromer, bis zur finalen Ausfertigung bzw. Beurkundung der Verträge versehen.

Wenige Monate zuvor hatte Schneider bereits einen gemeinsamen Firmenverkauf einer Schweizer Molkerei mit Beat Frey getätigt, an dessen Ende sich zwei US-Amerikaner um 4,74 Millionen US-Dollar betrogen fühlten, weil die Bilanzen der Molkerei gefälscht gewesen sein sollten. In ihrem Auftrag entstand ein Dossier einer internationalen Wirtschaftsdetektei, auf dessen Inhalt hier später noch eingegangen wird. Auch ein Jahr nach der MCM-Plünderung, als Axel Krieger und Eckhard Spoerr bei einer Sparte von ODS Landis & Gyr als Sanierer eingesetzt waren, verkauften sie diese an eine Investorengruppe, zu der wiederum Beat Frey gehörte.
Weniger als zwei Stunden nach Eingang des Angebots, begann um 10 Uhr die nächste Lenkungsausschusssitzung der Banken, an der neben Ludwig M. Schneider, Axel Krieger und Dr. Josef Zeller auch Schneiders Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Weitnauer teilnahm. Schneider und Krieger erzeugten zum wiederholten Male Horrorszenarien, wie es um MCM und die Forderungen der Banken bestellt sei, wenn nicht schnellstens ein Verkauf an einen Investor stattfinde. Obwohl das Angebot der Corisol an Dr. Zeller in seiner Funktion als Treuhänder erst zwei Stunden vor Sitzungsbeginn eingegangen war, konnte Schneider es inhaltlich wiedergeben, als habe er es selbst verfasst. Geschickt verstand es Schneider, die – mutmaßlich außer der Vertreterin der Reuschel-Bank – gutgläubigen Bankenvertreter in Richtung eines getrennten Verkaufs der Markenrechte zu bringen.

Mit Ausnahme der Zustimmung des Vertreters der Eheleute Cromer wurde die Geschäftsführung in Person von Ludwig M. Schneider daraufhin ermächtigt, Verhandlungen über den einzelnen Verkauf der Markenrechte zu führen, wie es von Corisol angeboten worden war. Nach Schneiders Auffassung sei darüber hinaus aufgrund des Zeitdrucks jedoch auch noch eine Abschlussvollmacht für die Geschäftsführung erforderlich. Diese Auffassung wurde von Ingrid Kellerer von der Reuschel-Bank sowie Schneiders Anwalt Dr. Weitnauer, von dem niemand genau wusste, was er in dieser Sitzung verloren hatte, geteilt.

Einen Tag später, am 26. September 1997, empfahl das konsortialführende Bankhaus Reuschel, vertreten durch Axel Kriegers damalige Lebensgefährtin Ingrid Kellerer, das Angebot der Schweizer Corisol Holding anzunehmen. In dem Schreiben des Bankhaus Reuschel an den Treuhänder Dr. Zeller wird das Angebot der Corisol sogar als „Glücksfall“ bezeichnet. Obwohl sich zwischenzeitlich mehrere potenzielle Investoren, mit denen die Eheleute Cromer in Gesprächen standen und die, vorbehaltlich einer Due Diligence, zwischen 40 und 60 Millionen DM zu zahlen bereit waren, bei Dr. Zeller gemeldet hatten, erteilte dieser abschlägige Antworten und nahm am 1. Oktober 1997 das Angebot der Corisol Holding AG an. Selbst eine mit einem anderen Investor vereinbarte Due Diligence wurde kurzfristig wieder abgesagt.

Aufgrund der vereinbarten Geheimhaltungspflicht wurden die Anteile der Eheleute Cromer und die MCM-Markenrechte quasi über ihre Köpfe hinweg verkauft. Zwar erhielten sie ein Vorkaufsrecht für die Gesellschaftsanteile, falls die von der Corisol Holding AG eigens dafür neu gegründete MCM Holding AG mit Sitz im schweizerischen Zug die Anteile weiterveräußern sollte, doch war durch die Abtrennung der Markenrechte und einer weiteren Klausel dieses Vorkaufsrecht nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt war. Ohne die Markenrechte war die ehemalige MCM GmbH in München eine wertlose Hülle geworden.

Die Gründung der MCM Holding AG in Zug wurde durch den Notar Peter Bachmann beurkundet. Dieser Peter Bachmann hatte auch wenige Monate zuvor die angebliche Richtigkeit der Bilanzen der Molkerei in dem bereits erwähnten Deal mit den Amerikanern bestätigt. Von einer solchen Aussage wollte Bachmann später nichts mehr wissen. Pikant daran ist, dass Ludwig M. Schneider sich selbst nur als Vermittlungsagenten darstellte, der 10 Prozent der 4,74 Millionen US-Dollar von Beat Frey erhalten habe. Doch sagte Schneider auch, dass Notar Peter Bachmann ebenfalls 10 Prozent erhalten habe. Eine etwas unüblich anmutende Honorarvereinbarung für einen Notar.

Der Deal
Am 12. Oktober 1997 trafen sich die Eheleute Cromer mit Beat Frey in der Schweiz. Dieser war in Begleitung von Dr. Ernst Inderbitzin, den er als seinen Architekten vorstellte. Inderbitzin hatte für Freys Corisol Holding AG wenige Tage zuvor die MCM Holding AG in Zug gegründet, was aber damals nicht erwähnt wurde. Frey bot Cromer bei dieser Besprechung an, ihm einen Beratervertrag bei der MCM Holding zu geben, unter der Bedingung, dass nichts Negatives gegen MCM verlaute.
Am 16. Oktober 1997 wurde zwischen der Münchener MCM GmbH, vertreten durch Ludwig M. Schneider, und der MCM Holding AG in Zug, vertreten durch Dr. Ernst Inderbitzin ein Kaufvertrag über die MCM-Markenrechte für 15 Millionen DM geschlossen. Die Anteile an der MCM GmbH wurden für 1,00 DM an die MCM Holding AG verkauft mit der Bedingung, der MCM GmbH ein nachrangiges Darlehen über 11,2 Millionen DM zu gewähren. Dies stand jedoch unter auflösender Bedingung, falls die Eheleute Cromer von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen würden.

Zugleich hatte die Corisol in der Schweiz bereits Gespräche mit Interessenten aufgenommen, an die sie MCM weiterverkaufen wollte. Die MCM-Holding AG, die nur die MCM-Markenrechte hielt, die sie für 15 Millionen DM gekauft hatte, wurde am 5. Februar 1998, also knappe vier Monate später, an die Unoplan Handels- und Verwaltungs AG in St. Gallen für 30 Millionen DM weiterverkauft. Die MCM GmbH wurde abgespalten und an die Interboden MBH AG in Oberuzwil, ein Handelsunternehmen für hochwertige Lederwaren, verkauft. Auch hier kamen die Herren wieder bei Notar Peter Bachmann in Einsiedeln zusammen, der alles beurkundete, was zu beurkunden war.

Der Interboden MBH AG wurde sodann auch das Gesellschafterdarlehen über 11,2 Millionen DM an die MCM GmbH aufs Auge gedrückt. Gezahlt hatte sie diese bereits am 16. Dezember 1997. Aus diesem Geldeingang wurde der Bankenpool mit rund 8 Millionen DM abgefunden und rund 3 Millionen DM gingen an die MCM GmbH.

Ludwig M. Schneider bediente sich aus diesem Geldeingang ebenfalls. Von Dezember 1997 bis Februar 1998 überwies er Beraterhonorare und Spesen seiner CMI GmbH in Höhe von 2,154 Millionen DM.

Lesen Sie im vierten Akt dieses Trauerspiels, wie die Sanierer MCM vollends ausplünderten, nachdem frisches Geld in die Gesellschaft geflossen war.