Samstag, 20. Oktober 2007

Die MCM-Plünderung durch die Sanierer (4.Akt)

Ein Trauerspiel in fünf Akten 4. Akt

Darsteller: Axel Krieger, Ludwig M. Schneider, Dr. Josef Zeller, Eckhard Spoerr, Dr. Hans Schaefer, Margit Warneke, Heinrich Müller-Feyen

Die Pressekonferenz
Auf einer Pressekonferenz in der MCM-Firmenzentrale am Leuchtenbergring 20 in München am 11. Dezember 1997 hatte es noch ganz anders geheißen. Vom Alleingeschäftsführer Ludwig M. Schneider hieß es dort zunächst, dass er einen anderen Termin wahrnehmen müsse und deshalb nicht anwesend sein könne. Tatsächlich saß er während der Pressekonferenz unerkannt unter den Journalisten und gab sich erst am Ende zu erkennen, ohne aber das Wort zu ergreifen. Die Pressekonferenz hielt stattdessen sein Zögling und für Finanzen zuständiger Prokurist Axel Krieger, der berichtete, dass die MCM GmbH einen Zuschuss der MCM Holding AG in Höhe von 30 Millionen DM erhalten solle. Kein Wort davon, dass es sich dabei lediglich um ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen handeln sollte. Krieger lobte noch die Reuschel-Bank, ohne deren gnädiges Verhalten MCM nach seinen Darstellungen Ende 1996 insolvent gewesen wäre, da die Gesellschaft ein negatives Eigenkapital aufwies. Mit dem Wissen, dass Krieger am gleichen Morgen noch mit der Vertreterin der Reuschel-Bank im Bett gelegen hatte, klingt dieser Lobgesang auf die Bank gleich ganz anders.

Auch Dr. Josef Zeller, der nach dem Verkauf an die MCM-Holding in Zug keine Aufgabe mehr zu erfüllen hatte und demzufolge seit dem 17. Oktober auch nicht mehr Treuhänder der Eheleute Cromer war, somit gar nichts mehr mit MCM zu tun hatte und auch nie im Interesse der Cromers gehandelt hatte, saß auf dem Podium und ließ sich von der Presse feiern. Nicht einmal vier Monate später musste MCM Konkurs anmelden.

Der Todesstoß
Nachdem die Sanierer vom sicheren Geldeingang wussten, langten sie in den darauf folgenden Wochen noch einmal richtig zu. Obwohl MCM durch den Verkauf der Markenrechte der Seele beraubt worden und das Ende der Gesellschaft nur noch eine Frage der Zeit war, arbeiteten sie, so steht es zumindest auf den Rechungen von CMI an MCM, bis zu 25 Tage im Monat für MCM. Neben Schneider, der mit 3.600 DM pro Tag abgerechnet wurde, waren dies Axel Krieger und Eckhard Spoerr sowie ein weiterer Berater und zeitweise auch Schneiders Bruder, die mit 2.500 DM pro Tag abgerechnet wurden. So wurden z. B. für Dezember 1997 mit Rechnung vom 30.12.1997 245.350 DM zzgl. Umsatzsteuer und für Januar 1998 mit Rechnung vom 02.02.1998 270.550 DM zzgl. Umsatzsteuer bei der MCM GmbH abgerechnet. Auf der Rechnung für Januar 1998 vermerkte Schneider handschriftlich, dass AK (Axel Krieger) prüfen solle, ob die abgerechneten Tage geleistet wurden. Krieger vermerkte ebenfalls handschriftlich, dass sogar ca. 25 Prozent mehr Manntage geleistet wurden, als abgerechnet.

Insofern müsste MCM Schneiders CMI wohl auch noch dankbar sein. Die Rechnungen waren an MCM, z. Hd. Axel Krieger adressiert. Kriegers Arbeitstage wurden ebenfalls darauf berechnet. Die Sanierer kontrollierten sich selbst. Ein Aufsichtsorgan existierte nicht. Die Kontrolle war ausgeschaltet und dem Betrug Tür und Tor geöffnet.

Reisekosten wurden noch separat abgerechnet und auch die hatten es in sich. Damit Schneiders Bruder im Januar 1998 drei Tage beratend tätig sein konnte, musste er aus Griechenland anreisen, was zusätzlich mit 3.169 DM zu Buche schlug. Im November hatte die gleiche Aktion Nebenkosten von 4.230 DM verschlungen. Schneider, Spoerr und ein weiterer Sanierer statteten im gleichen Monat noch Singapur und Hong Kong einen Besuch ab, was pro Person rund 10.000 DM an Kosten verschlang. Drei Monate später musste MCM Konkurs anmelden.
Spoerr war im Oktober 1997 noch eine Woche in Mailand gewesen. Im Dezember hatte es ihn erneut einen Tag nach Mailand verschlagen und eine Reise nach New York belastete das Budget mit 5.419 DM. Ob dies geschäftlichen Zwecken oder Weihnachtseinkäufen diente, ließ sich nicht mehr nachvollziehen. Und auch sonstige Nebenkosten fielen in nicht unerheblicher Höhe an. Rund 5.000 DM berechnete Schneiders Truppe jeden Monat an Telefonkosten. Für Sekretariats- und Kopierarbeiten fielen jeden Monat zwischen 500 und 1.000 DM an, obwohl Schneider bei MCM auf ein funktionierendes Sekretariat zurückgreifen konnte. Es erweckt den Eindruck, dass Schneider auch noch die letzten Fixkosten seiner CMI bei MCM abrechnete, obwohl diese die CMI kaum belastet haben dürften. Schneiders „Mitarbeiter“ nämlich waren nie bei ihm angestellt, sondern stellten nur nach angefallener Arbeit eigene Rechnungen an CMI. Eine klassische Form der Scheinselbstständigkeit, bei der die Sozialversicherungen um die Abgaben geprellt wurden.

Große Fixkosten schien die CMI nicht zu haben. Die Gesellschaft betrieb keine Werbung, hat noch nicht mal heute einen Internet-Auftritt. Alle paar Jahre wird die Gesellschaft gelöscht und eine neue, ähnliche oder gleichlautende GmbH wird gegründet. Anfang der Neunziger Jahre firmierte die Gesellschaft noch unter C & M Consult & Management International GmbH. Ludwig M. Schneider hält sich bedeckt, was Öffentlichkeit angeht, lässt sich nie fotografieren. Jahresabschlüsse der Gesellschaft werden nie beim Handelsregister eingereicht.

Axel Krieger hatte sich bei Schneider schließlich so weit heraufgedient, dass er sich im Frühjahr 1999 an einer neu gegründeten CMI sogar als Gesellschafter beteiligen durfte.

Aber auch innerhalb der MCM-Holding sollte Krieger schon eine besondere Rolle spielen. Mit Datum vom 9. Januar 1998 verfasste Dr. Hans Schaefer von der Kanzlei Weitnauer ein Schreiben an seine Kollegin Wakaba Hara von der Kanzlei Mitsui Yasuda Wani & Maeda bezüglich der Gründung der Gesellschaft „MCM of Japan K.K.“, einer Tochtergesellschaft der MCM-Holding in Zug mit folgendem Gesellschaftszweck:

(1) import, distribution of MCM fashion
(2) goods and manufacture of MCM fashion
(3) goods

Axel Krieger sollte President von MCM of Japan und einer von drei gesetzlich vorgeschriebenen Direktoren werden. Chairman sollte Ludwig M. Schneider werden.

Dies passte in das von Schneider entworfene Konzept einer MCM-Weltholding. Nur hatte dies nichts mehr mit der MCM GmbH in München zu tun, mit der Schneiders CMI GmbH einen Beratungsauftrag hatte und deren Sanierung er eigentlich betreiben sollte. Die Tätigkeiten und Reisen, die Schneider, Krieger und Spoerr bei der MCM GmbH abrechneten, standen nicht mehr im Zusammenhang mit der Gesellschaft, die wenige Wochen später konkursreif war. Ihre Tätigkeit drehte sich nur noch um die MCM-Holding, ihre Weltholding, in die sie die Markenrechte verschoben hatten.

Der neue Anteilseigner der MCM, die Interboden MBH AG, verlangte indes zwar Einblick in die MCM-Geschäftsbücher, doch wurde ihm dies von Schneider verwehrt. Als es nicht mehr anders aufzuhalten war, bot Schneider am 19. Februar 1998 seinen Rücktritt an, der am 25. Februar erfolgte. Nicht jedoch, ohne noch eine letzte Zahlung an seine CMI in Höhe von 1,126 Millionen DM vorzunehmen.

Der Einblick in die entsprechenden Geschäftsunterlagen blieb Interboden jedoch auch dann noch verwehrt, da Schneider die Unterlagen entwendet hatte, wie die später eingesetzte Rechtsanwältin, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Margit Warneke in einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München vom 15. September 1998 gegen Schneider ausführte.
Der später tätige Konkursverwalter Heinrich Müller-Feyen konnte an der Entnahmepolitik Schneiders nichts Verwerfliches finden. In der ersten Gläubigerversammlung äußerte Müller-Feyen, der mit Ludwig M. Schneider gut bekannt ist, dass Schneiders Honorarsätze üblich seien, schließlich befände man sich hier nicht im Bereich der Sozialhilfesätze.

Lesen Sie im fünften Akt dieses Trauerspiels, wie verräterische Kontoauszüge aus der Schweiz in die – aus Sicht der Sanierer – falschen Hände gelangten.